N. 4 - Die Wirtschaft der Autonomen Provinzen Trient und Bozen (versione in tedesco)Jahresbericht

Der makroökonomische Rahmen

Im Jahr 2022 wuchs die Wirtschaftstätigkeit in den autonomen Provinzen Trient und Bozen weiter, auch wenn der Wachstumsrhythmus im Vergleich zu 2021 nachließ. Nach dem von der Banca d'Italia errechneten Quartalsindex der regionalen Wirtschaft (ITER) lag der jährliche Zuwachs des BIP zu realen Werten im Trentino und in Südtirol bei fast 4 Prozent. Analog zu den Prognosen der lokalen Statistikämter wäre die Steigerung damit etwas höher ausgefallen als auf nationaler Ebene, wodurch das BIP in beiden Provinzen Werte erreichte, die leicht über dem Stand von 2019 lagen.

Zu diesem Wirtschaftswachstum trugen alle Wirtschaftssektoren bei, auch die Tourismusbranche, die vom Ende der Mobilitätsbeschränkungen profitierte. Die Entwicklung des BIP wurde jedoch durch die Folgen der zunehmenden Inflation, durch den damit zusammenhängenden Anstieg der Zinssätze und durch die geopolitische Unsicherheit verlangsamt. Die Wachstumsaussichten für das laufende Jahr könnten durch diese Faktoren, sofern sie anhalten, sowie durch die Schwierigkeiten der deutschen Wirtschaft, insbesondere für Südtirol, eingeschränkt werden. Die Landesstatistikämter prognostizieren für 2023 eine nochmals abgeschwächte Entwicklung des BIP.

Die Unternehmen

2022 ließ das Wachstum der Industrie in den Provinzen Trient und Bozen im Vergleich zum Vorjahr nach; in realen Werten stiegen die Umsätze der Industrieunternehmen mit Geschäftssitz in der Region nur leicht. Die Engpässe entlang der Lieferketten, die sich in den jüngsten Monaten etwas lockerten, belasteten die Betriebskosten der Unternehmen und bewirkten eine Anhebung ihrer Listenpreise. Die Preiserhöhung ging mit einer Expansion der nominalen Erlöse einher, die bei den größeren Unternehmen ausgeprägter war.

Der Bausektor setzte sein Wachstum fort, wenn auch mit ersten Anzeichen einer Verlangsamung. Er profitierte von den staatlichen Anreizen zur Sanierung und der guten Entwicklung des Immobilienmarktes. Im tertiären Sektor ermöglichte die Rückkehr des Gästeaufkommens auf den hohen Stand von 2019 die vollständige Erholung der Tätigkeiten im Gastgewerbe.

In einem Klima anhaltender Unsicherheit verzeichnete die Kapitalakkumulation der Unternehmen eine Abschwächung. Das Wachstum der Anlageinvestitionen wurde durch die Verwendung der verfügbaren Liquidität getragen. Die Steigerung der Zinssätze übertrug sich auf die Kreditkosten und trug zur Begrenzung der Nachfrage nach Ausleihungen bei. Als Folge davon waren die Bankkredite an Unternehmen im Trentino rückläufig und verlangsamten in Südtirol, abzüglich einer begrenzten Anzahl von Vorgängen beträchtlicher Höhe, wobei die Verlangsamung bei den kleineren Betrieben ausgeprägter war. Trotz der gestiegenen Verschuldungskosten blieb die Finanzlage der Unternehmen insgesamt solide, begünstigt durch die unvermindert breite Liquiditätsausstattung und eine von beinahe allen Unternehmen als zufriedenstellend bezeichnete Ertragslage.

Der Arbeitsmarkt und die privaten Haushalte

Mit dem Wachstum der Wirtschaftstätigkeiten und insbesondere mit dem Aufschwung der Tourismusbranche ging 2022 eine Erhöhung der Beschäftigung in beiden Provinzen einher, die auf den Stand vor der Pandemie zurückkehrte. Einen Beitrag hierzu leistete die Zunahme unbefristeter Arbeitsverträge. Die gute Konjunkturlage begünstigte eine stärkere Beteiligung am Arbeitsmarkt und einen Rückgang der Arbeitslosenquote. Die Inanspruchnahme von Instrumenten zur Einkommensergänzung nahm stark ab. Angesichts der gestiegenen Nachfrage am Arbeitsmarkt wurde es für die Unternehmen schwieriger, Arbeitskräfte zu finden, insbesondere höher qualifizierte Kräfte und Bauarbeiter.

Die verbesserte Lage auf dem Arbeitsmarkt stützte zwar das Wachstum des verfügbaren Einkommens zu laufenden Werten, aber die hohe Inflation schmälerte die Kaufkraft der privaten Haushalte. Die Preiserhöhungen, die sich besonders stark auf die Haushalte im unteren Ausgabenbereich auswirken, und die Verschlechterung des Vertrauens bremsten die Konsumentwicklung. 2022 verzeichneten die Ausleihungen an private Haushalte ein weiteres, wenn auch im Vergleich zum Vorjahr abgeschwächtes Wachstum. Diese Entwicklung stand unter dem Einfluss der schwachen Nachfrage, zu welcher auch der schnelle Anstieg der Finanzierungskosten beitrug. Die Erhöhung der Zinssätze ließ die Raten bestehender, indexgebundener Darlehen ansteigen; allerdings war der Anteil von Kreditverträgen mit variablem Zinssatz in den letzten zehn Jahren beträchtlich gesunken, wodurch die privaten Haushalte den Zinsschwankungen weniger stark ausgesetzt waren.

Der Kreditmarkt

Ende 2022 verzeichneten die Bankkredite an den nichtfinanziellen Privatsektor einen ausgeprägten Rückgang im Trentino und eine Verlangsamung in Südtirol; diese Entwicklung betraf in beiden Provinzen sowohl die Banken mit Geschäftssitz außerhalb der Region als auch die Lokalbanken. Die Kreditqualität blieb hoch; die Bonitätsverschlechterungsrate verringerte sich, sowohl bei den privaten Haushalten als auch bei den Unternehmen, und spiegelte damit eine angemessene Fähigkeit zur Tilgung der aufgenommenen Schulden wider. Zu verzeichnen war eine leichte Verschlechterung der Erwartungsindikatoren bezüglich des Risikos bei den Unternehmen, deren Werte damit leicht über den nationalen Durchschnittswerten lagen. Die Bankeinlagen der privaten Haushalte und der Unternehmen waren insgesamt in beiden Provinzen deutlich rückläufig. Die steigenden Renditen der Schuldverschreibungen verstärkten das Interesse der Sparer an dieser Art von Wertpapieren wieder und begünstigten eine Veränderung in der Zusammensetzung ihrer Bestände.

Das dezentralisierte öffentliche Finanzwesen

2022 sanken die laufenden Ausgaben der Gebietskörperschaften im Trentino und in Südtirol; der Reduzierung der Transferzahlungen an private Haushalte und Unternehmen stand eine Zunahme der Ausgaben für Güter und Dienstleistungen gegenüber, auf welche sich die Verteuerungen der Energiegüter auswirkten. Im Trentino stiegen die Ausgaben auf Kapitalkonto, insbesondere dank des Aufschwungs der Investitionen. In Südtirol waren selbige aufgrund der verringerten Landesbeiträge an andere Lokalkörperschaften rückläufig; der Rückgang bei den Investitionsausgaben kam jedoch zum Stillstand.

In den nächsten Jahren kann ein wesentlicher Beitrag zum Wachstum der öffentlichen Investitionen nicht nur von den großen Haushaltsüberschüssen kommen, die bei den Gebietskörperschaften vorhanden sind, sondern auch von den Mitteln des neuen Programmplanungszyklus der EU-Mittel sowie vom PNRR.

2022 profitierten die laufenden Einnahmen der beiden Provinzen weiterhin von den 2021 unterzeichneten Rahmenabkommen im öffentlichen Finanzwesen. In der Provinz Trient nahmen sie leicht zu; in der Provinz Bozen sanken sie auch aufgrund der geringeren staatlichen Abgaben, die nach buchhalterischen Kriterien auf der Grundlage des Aufkommens von 2020, einem Jahr mit starkem Rückgang aufgrund der Pandemie, quantifiziert wurden. Die positive Entwicklung der Wirtschaftstätigkeit begünstigte die Zunahme der eigenen Einnahmen der Gemeinden in beiden Provinzen.

Die Auswirkungen des Klimawandels auf die lokale Wirtschaft

Der Klimawandel wird in unserem Land bereits durch eine Erhöhung der Temperaturen und eine Intensivierung extremer Wetterereignisse deutlich. Die Auswirkungen dieser Veränderungen sind von großer territorialer Relevanz und können für die Wirtschaft der autonomen Provinzen Bedeutung erlangen.

Die regionalen Spezialisierungsbereiche, die dem "physischen Risiko" stärker ausgesetzt sind, wie die Landwirtschaft, der Tourismus oder die Stromerzeugung aus Wasserkraft, können von klimatischen und meteorologischen Extremereignissen besonders stark betroffen sein. Gleichzeitig können die politischen Maßnahmen zur Bekämpfung und Anpassung an den Klimawandel, mit denen der Übergang zu einer Wirtschaft mit weniger klimaverändernden Emissionen begünstigt werden soll, ein "Transitionsrisiko" für die Unternehmen generieren, mit negativen Auswirkungen auf jene, die in emissionsintensiven Sektoren tätig sind, sowie auf die mit diesen verbundenen Betriebe. Die Informationen, die zu diesen Risiken eingeholt wurden, weisen insgesamt eine gute Anpassungsfähigkeit der lokalen Wirtschaft an den Klimawandel aus, auch dank der größeren Verfügbarkeit wirtschaftlicher Ressourcen und der breiteren institutionellen Möglichkeiten.

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