N. 4 - Die Wirtschaft der Autonomen Provinzen Trient und Bozen (versione in tedesco)Rapporto annuale

Die Covid-19-Pandemie, die sich in Italien in den ersten Monaten 2020 abzuzeichnen begann, traf in erheblichem Maße auch die Provinzen Trient und Bozen, mit schwerwiegenden Auswirkungen auf die lokalen Wirtschaftssysteme.

Der makroökonomische Rahmen

Die sozialen Abstandsmaßnahmen, die Teilschließung der Geschäftstätigkeiten und die Einschränkungen der interregionalen und internationalen Mobilität hatten schwerwiegende Auswirkungen auf die Wirtschaftstätigkeit der autonomen Provinzen. Den Schätzungen der Bruno Kessler Stiftung und des Statistikamtes der autonomen Provinz Trient zufolge verringerte sich das Trentiner BIP um fast 10 Prozent in realen Werten; in der Provinz Bozen war der Rückgang noch ausgeprägter und lag, nach Aussage des Landesstatistikamtes, über 11 Prozent (-8,9 Prozent im italienischen Durchschnitt). Die Prognosen für das laufende Jahr lassen einen moderaten Anstieg erwarten, mit dem sich weniger als die Hälfte des pandemiebedingten Rückgangs wieder aufholen ließe.

Die Unternehmen

Die negativen wirtschaftlichen Auswirkungen der Restriktionen trafen die verschiedenen Wirtschaftsbereiche in ganz unterschiedlichem Ausmaß. Nach den Schließungen im Frühjahr 2020 war die Wiederaufnahme der Tätigkeiten in der Baubranche beider Provinzen sowie in der Südtiroler Industrie besonders intensiv, wobei letztere von der starken Erholung der Auslandsnachfrage im letzten Teil des Jahres profitierte. Das verarbeitende Gewerbe im Trentino hingegen verzeichnete einen Rückgang, der auch auf die ausgeprägte Verringerung der Exporte zurückzuführen ist. Der Dienstleistungssektor wurde durch die Pandemie und die ergriffenen Maßnahmen zur Eindämmung stark beeinträchtigt. Erhebliche Umsatzeinbußen mussten Gastgewerbe/Beherbergung und Gastronomie sowie Handel und Verkehr hinnehmen. In beiden Provinzen sanken die Übernachtungszahlen um mehr als ein Drittel, was vor allem auf die vorzeitige Beendigung der Wintersaison 2019-2020 und den Ausfall der Wintersaison 2020-21 zurückzuführen war.

Die Unternehmen aller Sektoren drosselten ihre Investitionstätigkeit als Folge der deutlich zunehmenden Unsicherheit im Hinblick auf die wirtschaftlichen Bedingungen. Perspektivisch gesehen, könnte die Erholung der Wirtschaftstätigkeit in den autonomen Provinzen durch die produktiveren Unternehmen gestützt werden, die vor allem in Südtirol besonders zahlreich sind, sowie durch die vielen innovativen Start-ups, die mit landespolitischer Unterstützung in der Region entstanden sind.  

Die während der Pandemie rückläufigen Cashflows und die makroökonomische Unsicherheit führten zu steigendem Liquiditätsbedarf der Unternehmen, der zum Großteil durch eine Zunahme der Bankverschuldung gedeckt wurde, auch dank der öffentlichen Maßnahmen zur Unterstützung der Unternehmen (Zahlungsaufschübe und Vergabe neue Kredite mit Absicherung durch die öffentliche Hand).

Der Arbeitsmarkt und die privaten Haushalte

Im Jahr 2020 verschlechterten sich die Beschäftigungs- und Einkommensbedingungen der privaten Haushalte. Die Verringerung der Beschäftigtenzahl, die in der Provinz Bozen ausgeprägter war als im nationalen Durchschnitt, wurde durch das Entlassungsverbot, durch die Stärkung der sozialen Abfederungsmaßnahmen und durch die Maßnahmen zur Unterstützung der Unternehmen gebremst, von denen in erster Linie unbegrenzte Arbeitsverträge profitierten. Die starke Verringerung der Nachfrage am Arbeitsmarkt wirkte sich hauptsächlich auf die befristeten Verträge aus, mit denen es deutlich weniger Einstellungen gab, die nur teilweise durch weniger Abgänge ausgeglichen wurden. Der Rückgang der Beschäftigung war in den Dienstleistungsbranchen Tourismus und Handel am stärksten, für deren Arbeitskräfte es zumindest kurzfristig schwierig sein wird, eine andere Beschäftigung in weniger von der Notlage betroffenen Branchen zu finden

Der Konsum der privaten Haushalte ging drastisch zurück, nicht nur als Folge der Einkommenseinbußen, sondern auch aufgrund der geringeren Konsummöglichkeiten während der Pandemie. Das führte zu einem starken Anstieg der Ersparnisse, insbesondere der Girokontoeinlagen sämtlicher Bestandsklassen.

Die Kreditvergabe an private Haushalte wuchs langsamer als 2019. Die Darlehen für den Erwerb von Wohnungseigentum wuchsen im letzten Teil des Jahres anhaltend schnell, begünstigt durch den starken Anstieg der Immobiliengeschäfte. Der Konsumkredit und die übrigen Ausleihungen hingegen waren insgesamt rückläufig, was auch auf die verminderten Ausgaben für langlebige Güter zurückzuführen ist.

Der Kreditmarkt

Im Jahr 2020 stieg die Wachstumsrate der Ausleihungen an den nichtfinanziellen Privatsektor im Trentino und blieb in Südtirol im Wesentlichen stabil. In beiden Provinzen wurde die Entwicklung von den Banken mit Geschäftssitz in der Region getragen, deren Tätigkeit stärker auf die von der Krise am meisten betroffenen Sektoren ausgerichtet ist.

Die Kreditqualität blieb im Wesentlichen unverändert, was auch auf die Zahlungsaufschübe und auf die öffentlichen Maßnahmen zur Unterstützung der privaten Haushalte und der Unternehmen zurückzuführen ist. Eine, wenn auch im Vergleich zum nationalen Durchschnitt begrenzte Zunahme wurde beim Wechsel vertragsgemäß bedienter Forderungen in etwas höhere Risikoklassen verzeichnet. Diese Entwicklung könnte auf eine mögliche Erhöhung der Bonitäts-verschlechterungsraten in den kommenden Quartalen hindeuten.

Das dezentralisierte öffentliche Finanzwesen

Die öffentlichen Gesamtausgaben blieben im Jahr 2020 im Vergleich zum Vorjahr im Trentino im Wesentlichen stabil und stiegen in Südtirol. Die auch rezessionsbedingten Einbußen beim Steueraufkommen bewirkten außerdem eine Verringerung der Einnahmen der Lokalkörperschaften, die durch erhöhte staatliche Transferzahlungen gemildert wurde. Ende 2020 war die Gesamtverschuldung der Lokalkörperschaften jedenfalls weiterhin gering.

Ergänzend zu den staatlichen Maßnahmen erließen die beiden autonomen Provinzen weitere Verfügungen, in erster Linie zur Unterstützung der Wirtschaft.

Die Digitalisierung der Wirtschaft. – Konnektivität, Technologien und digitale Kompetenzen spielten während der Pandemie eine grundlegende Rolle und bewirkten eine starke Zunahme der Nachfrage nach digitalen Dienstleistungen für Unternehmen und private Haushalte. Mittelfristig könnte dieser Impuls zur Digitalisierung außerdem Chancen dafür bieten, das technologische Niveau der lokalen Wirtschaft anzuheben und damit das Potenzial für Effizienz, Wettbewerbsfähigkeit und Wachstum auch in den kommenden Jahrzehnten zu erhöhen.

Die verfügbaren Indikatoren zeigen, dass die technologische Ausstattung der autonomen Provinzen Trient und Bozen insgesamt über dem nationalen Durchschnitt liegt, im europäischen Vergleich aber noch Aufholbedarf hat. Beide Provinzen weisen einen Rückstand bei den schnellen und ultraschnellen Breitbandanschlüssen auf; über dem nationalen Durchschnitt liegen hingegen die Kompetenzen der Arbeitskräfte im Trentino und die Verbreitung digitaler Technologien in den Südtiroler Unternehmen. Die Fernarbeit, die im Jahr 2020 vielen Unternehmen und öffentlichen Verwaltungsbehörden die operative Kontinuität ermöglichte, war im privaten Sektor relativ wenig verbreitet, insbesondere bei den größeren Südtiroler Unternehmen. Die Pandemie gab außerdem einen starken Impuls für die Verbreitung digitaler Technologien im Finanzsektor, der in den autonomen Provinzen erhebliche Rückstände bei der Nutzung durch die lokale Kundschaft aufweist.

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